Meinungsunterschiede zum Marktmissbrauch
Bankenaufsicht plant Rundschreiben-Entwurf für erstes Quartal
Angespornt von Regelungen in verschiedenen Nachbarstaaten und dem Fall Swissfirst, drängt die Eidgenössische Bankenkommission auf eine strengere Regulierung von Börsendelikten. Ein für das erste Quartal 2007 geplantes Papier sorgt nun für Wirbel.
feb. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) sowie die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) befassen sich derzeit beide mit dem Thema Marktmissbrauch, arbeiten dabei aber nicht immer Hand in Hand. Dabei geht es um Verhaltensweisen von Finanzmarktteilnehmern, die nach dem Aufsichtsrecht als Gesetzesverletzungen oder Börsendelikte zu verstehen sind. Eva Hüpkes, Leiterin Regulierung bei der EBK, hat an einer Veranstaltung am vergangenen Montag in Zürich für das erste Quartal 2007 die Publikation des überarbeiteten, in der Vergangenheit abgelehnten Entwurfs eines Rundschreibens Marktmissbrauch angekündigt. Die Bankenaufsicht erlässt solche Rundschreiben, wenn sie über die Anwendung rechtlicher Vorschriften informieren, Empfehlungen erteilen oder Auskünfte einholen will. Unterdessen rechnet man im EFD hingegen nicht mit einem schnellen Handeln der Bankenaufsicht. Der neue Rundschreiben-Entwurf der EBK «stehe noch in den Sternen», heisst es dort.
EBK sieht gesetzlichen Nachholbedarf
Der Hintergrund sind unterschiedliche Auffassungen bei EFD und EBK, wie mit dem Thema Marktmissbrauch umzugehen ist. Die Bankenaufsicht EBK drängt auf eine strengere Regulierung sowie eine Konkretisierung, welche Verhaltensweisen aufsichtsrechtlich als Gesetzesverletzungen und als Marktmissbrauch anzusehen sind. In der Vergangenheit hat die EBK stets das Fehlen griffiger und abgestimmter Sanktionen bedauert. Hüpkes sagte am Montag, sie sehe beim Thema Marktmissbrauch in der Schweiz «Nachholbedarf». Durch den Fall Swissfirst fühlen sich die EBK-Vertreter in ihrer Haltung bestätigt. Angespornt wird die Bankenaufsicht bei ihrem Vorgehen auch durch gesetzliche Regelungen in europäischen Nachbarstaaten, die bei Marktmissbrauch deutlich schärfer vorgehen als die Schweiz. So verabschiedete die Europäische Union Ende 2002 die sogenannte EU-Marktmissbrauchsrichtlinie. Diese enthält gemeinschaftsweit harmonisierte Regeln zur Bekämpfung von Marktmanipulation und Insidergeschäften. Die EBK bezeichnet die EU-Richtlinie auf ihrer Homepage als «internationale Referenz».
EFD fürchtet «regulatorischen Overkill»
Das EFD hingegen will eine mögliche Reform der Schweizer Regelungen zu Marktmissbrauch vorsichtiger und behutsamer angehen. Es gelte, einen «regulatorischen Overkill» zu vermeiden, heisst es dort. Neue Regulierungen müssten unbedingt in das bestehende System «eingebettet» werden. Finanzminister Hans-Rudolf Merz hat sich Ende September zum Vorgehen des Bundesrats im Bereich Marktmissbrauch und Insider-Strafnorm geäussert. Nach dieser Planung wird sich der Bundesrat offenbar in einer der drei verbleibenden Sitzungen in diesem Jahr mit der Ausweitung des Insiderstraftatbestands befassen. Angesichts der Zeitknappheit ist es sogar wahrscheinlich, dass der Bundesrat das Thema bereits am heutigen Freitag behandelt. Es geht dabei um die Streichung von Artikel 161, Ziffer 3 im Strafgesetzbuch. Damit würden in Zukunft neu praktisch alle kursrelevanten Tatsachen, besonders auch «Gewinnwarnungen», von der Strafnorm erfasst. Das EFD war damit beauftragt worden, bis Ende Jahr eine entsprechende Botschaft auszuarbeiten. Hierbei hatte der Swissfirst-Skandal eine beschleunigende Wirkung, wie Merz bei der Ankündigung der Revision sagte.
Ausserdem hat das EFD den Auftrag erhalten, gemeinsam mit dem Justizdepartement den Bedarf für eine grundsätzliche Überprüfung der derzeitigen Regulierung in den Bereichen Börsendelikte und Marktmissbrauch zu klären. Ein Weg hierzu wäre die Einsetzung einer Expertenkommission. Zurzeit liefen bereits Beratungen zur Einsetzung der Kommission und ein Präsident werde gesucht, hiess es.
Überarbeitung des EBK-Rundschreibens
Der Entwurf eines EBK-Rundschreibens Marktmissbrauch wird unabhängig hiervon erstellt. Ein Vorpreschen der bei diesem Thema als sehr eifrig geltenden EBK könnte für Dissonanzen zwischen ihr und dem EFD sorgen. Im Zeitraum Dezember 2003 bis März 2004 hatte die EBK bereits einen Entwurf für ein Rundschreiben in die Vernehmlassung geschickt. Dieser war damals auf starke Ablehnung gestossen. Daraufhin wurde das Rundschreiben zurückgestellt. Im Januar 2006 setzte die EBK eine neue gemeinsame Arbeitsgruppe mit Vertretern der Schweizerische Bankiervereinigung und der Schweizer Börse SWX ein. Diese arbeitet seitdem an einem neuen Entwurf für ein Rundschreiben. Ausserdem soll die Arbeitsgruppe einen «internationalen Praxisvergleich» im Umgang mit dem Thema Marktmissbrauch erarbeiten.
Quelle: NZZ
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